Revisionsentwurf der EU-Tierschutztransportverordnung: Kein Ende der Qualtransporte in Sicht
Revisionsentwurf der EU-Tierschutztransportverordnung
Kein Ende der Qualtransporte in Sicht
EU-Kommission will aber wichtige Lücken in der Gesetzgebung schließen
Freiburg, 11.12.2023. Am vergangenen Donnerstag veröffentlichte die EU-Kommission nach einiger Verzögerung den Revisionsentwurf der EU-Tierschutztransportverordnung. Wenngleich der Entwurf nicht weit genug geht, um die ungeheure Zahl transportierter Tiere zu schützen, wurde an vielen Stellen für Verbesserungen gesorgt. Die deutsche Tierschutzorganisation Animal Welfare Foundation (AWF) schätzt den Entwurf daher als grundlegend gelungen und in weiten Teilen durchdacht ein, auch wenn der Transport lebender Tiere mit dem Entwurf kein unmittelbares Ende finden würde. Weiterhin besteht zudem großer Bedarf an Nachbesserungen am Entwurf.
„Natürlich war die erste Ernüchterung groß, denn der Entwurf sieht kein Verbot von Lebendtierexporten vor. Das dieses Ziel noch in der Ferne lag, war aber absehbar. Verbote sind in der derzeitigen politischen Landschaft auf der Ebene der EU und ihrer Mitgliedsstaaten nicht mehrheitsfähig und so hat man sich für den Weg der Verschärfung von Gesetzen entschieden. Es wurden mit dem Entwurf viele Auflagen angezogen, die wir in unserer ausdauernden Arbeit seit zwanzig Jahren kritisieren, es geht also voran“, erklärt Iris Baumgärtner, Projektleiterin Tiertransporte der AWF.
Transporte kürzer, Regularien festgezurrt
Mit dem neuen Entwurf dürfen Mast- und Zuchttiere nicht mehr, wie derzeit, per Bahn, Flugzeug, Schiff und Lkw unbegrenzt lange transportiert werden, sondern maximal zweimal 21 Stunden. Dazwischen schreibt der Entwurf eine 24-stündige Pause vor, dann müssen die Tiere ihren Bestimmungsort erreicht haben. Als Bestimmungsort definiert die Kommission in ihrem Papier jenen Ort, an dem die Tiere mindestens eine Woche verweilen werden. Dadurch ist dem derzeit gängigen Sammelstellen-Hopping innerhalb der EU endlich ein Riegel vorgeschoben.
Tiere auf dem Weg zur Schlachtung dürfen – ohne Ausnahmen – nur noch neun Stunden transportiert werden. Beide Änderungen sorgen dafür, dass lange Qualtransporte in Drittländer per Lkw (bspw. in den Irak oder Usbekistan) nicht mehr möglich sein werden, weil besonders weit entfernte Ziele so mit zweimal 21 Stunden erlaubter Transportzeit und nur einem erlaubten Zwischenhalt nicht mehr erreichbar sein werden. Echtzeit-GPS sorgt zudem dafür, dass die Transporte für die Behörden jederzeit überprüfbar bleiben.
Kälber und Lämmer im Fokus: Bessere Bedingungen beim Transport
Nicht abgesetzte Kälber und Lämmer dürfen nun maximal acht Stunden transportiert werden, mit Ausnahme von speziell ausgestatteten Lkws, die längere Fahrten bis zu 19 Stunden ermöglichen. Die Genehmigung für Lkws mit speziellem Versorgungssystem erfolgt dann durch die Kommission, nicht mehr durch lokale Veterinärbehörden, was Wettbewerbsverzerrung vorbeugen soll. Zudem dürfen Kälber erst ab fünf Wochen (statt 28 Tagen) transportiert werden und ihnen wird mehr Platz zugestanden. Dies könnte aufgrund höherer Kosten und geringerer Lkw-Belegung unrentabel werden, so die Hoffnung.
Quälende Kälbertransporte nach Spanien über Sammelstellen wären ebenfalls nicht mehr erlaubt. An dieser Stelle ist es der AWF durch ihre Berichte und Beschwerden gelungen, dass die Kälber mit Milch versorgt werden müssen und das Sammelstellen-Hopping somit deutlich erschwert wird.
Der blinde Fleck: Drittlandexporte per Schiff
„Bei Transporten auf dem Schiff muss die Kommission dringend inakzeptable Versäumnisse nachbessern“, erklärt Maria Boada, AWF-Projektleiterin Schiffstransporte. Exporte von Schlachttierenseien zwar nur dann möglich, wenn der Transport zum Schiff und vom Schiff zum Bestimmungsort in neun Stunden möglich ist – doch die Transportzeit auf dem Schiff selbst wird schlicht nicht dazugezählt und als sogenannte „Ruhezeit“ völlig ignoriert. Wochenlange Qualtransporte auf hoher See, die für die Tiere ein lebensgefährlicher Horror sind, würden damit weiter erlaubt bleiben.
„Wenigstens werden Schiffe in desolatem Zustand zukünftig keine Zulassung mehr bekommen und die Behörden im Drittland müssen vor dem Transport die Annahme der Tiere bestätigen. So kommt es hoffentlich nicht wieder zu Tragödien auf See, wie seinerzeit auf der „ELBEIK“, auf der fast 2000 Rinder wegen behördlicher Handlungsunfähigkeit starben“, führt Maria Boada fort. Die allgemeinen Anforderungen an die zum Teil gefährlich maroden Kähne steigen mit dem Entwurf deutlich an.
Mit klarem Ziel weiter im Einsatz für Tiere
„Wir haben einen großen, positiven Fußabdruck in dem Entwurf hinterlassen“, erklärt Iris Baumgärtner ferner. „Aber die Versäumnisse der Kommission verdeutlichen auch die Notwendigkeit, weiter für ein Verbot von Lebendtierexporten zu kämpfen. Immerhin handelt es sich bei dem Papier der Kommission erst einmal um einen Entwurf. Auf den können und werden wir Einfluss nehmen. Die Politik ist jetzt gefragt, auch, weil sie die Forderungen der EU-Bevölkerung nach intensiverem Tierschutz (siehe Eurobarometer) respektieren muss.“
Mit einer Übergangsfrist von fünf Jahren plant die Kommission dem Wirtschaftsraum ausreichend Zeit zu geben, um eine Anpassung des Wirtschafssektors zu ermöglichen. Besser als dieses Entgegenkommen an die Wirtschaft wäre mehr Härte in der Fürsprache für die Tiere gewesen, die keine Ware, sondern empfindungsfähige Lebewesen sind.
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