07. April 2020

Presseinformation: Langzeitrecherche zu Lämmerexporten

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Ostern: «Die Kirche ist zu leise»

Die Animal Welfare Foundation fordert Taten von den deutschen Landeskirchen

Frankfurt, Freiburg: 06.04.2020. Eine aktuelle Vier-Jahres-Recherche (2016-2019) der Animal Welfare Foundation, AWF, zu EU-Lämmertransporten an christlichen Feiertagen deckt eklatante Tierschutzprobleme auf. So sind die christlichen Feiertage Ostern und Weihnachten zu einem massiven Anreiz für Schafzüchter geworden, termingerecht Lämmer zu produzieren. Grösste Produzenten in der EU sind Ungarn und Rumänien. Wichtigstes Abnehmerland ist Italien. «35 % aller Lämmertransporte in der EU werden vor Ostern und vor Weihnachten rund um die beiden Feiertage durchgeführt», so Iris Baumgärtner, AWF-Projektleiterin Nutztiere.


Vergangenes Jahr hat Italien 920.000 Lämmer importiert. Die meisten kamen wie all die Jahre zuvor aus Ungarn (445.000) und Rumänien (326.500). «Es handelt sich überwiegend um Lämmer im Alter von drei bis vier Monaten, die auf den Transporten nicht tiergerecht versorgt werden können. Darunter auch jüngere Tiere, die noch auf Milch angewiesen sind. Diese Transporte dauern bis zu 29 Stunden», kritisiert Iris Baumgärtner.

Basis der Vier-Jahres-Recherche waren Kontrolleinsätze entlang der Transportstrecken von Osteuropa nach Italien. Das Ergebnis ist dramatisch: Die Transporter sind überfüllt. Beladen werden vier Decks. Die Tiere können nicht aufrecht stehen, da die Ladedecks für viele Tiere zu niedrig sind. Die Tränkesysteme sind für Schweine gebaut und für Lämmer weder erreichbar noch geeignet. Die eingesetzten Fahrzeuge fahren in der Regel grössere Tiere. Die Spalten in den Ladeböden und zwischen den Abteilen werden zu Fallen für die sehr feinen Lämmerbeine und -köpfe. Eingeklemmte Tiere können sich nicht befreien und bleiben liegen bis zum Zielort. «Viele Tiere sterben auf diese grausame Weise langsam vor sich hin», weiss Iris Baumgärtner zu berichten. Weil vor allem die christlichen Feiertage die Importnachfrage beeinflussen, hat die AWF die Rechercheergebnisse zusammengefasst und die katholischen und evangelischen Landeskirchen um eine Stellungnahme gebeten.

Die Evangelische Landeskirche, EKD, weiss um «die Problematik der Lebendtiertransporte». Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strom und mehrere Landeskirchen schreiben in einem gemeinsamen Brief an die AWF: «Es wird u.a. auf die massiven, bereits Jahrzehnte andauernden Vollzugsdefizite bei der Umsetzung des Tierschutzrechts bei Transporten ausserhalb der EU verwiesen. Auch (auf) die zahlenmässig sehr grosse Anzahl an Lebendtiertransporten, Zentralisierung von Schlachthöfen, teilweise tierquälerische Schlachtmethoden (…)». Das Bistum Hildesheim verweist auf «die Veröffentlichungen der deutschen Bischöfe (..)., die sich bereits vor knapp 30 Jahren gegen den Langstreckentransport von Tieren ausgesprochen haben.»

Für die AWF bleiben viele Aussagen der Landeskirchen Lippenbekenntnisse. «Es müssen Taten folgen, Worte reichen nicht», so Iris Baumgärtner. «Insbesondere dann, wenn das Verständnis bei einigen Kirchenoberen für die Dimensionen des globalen Tierhandels fehlt.» In seinem Antwortschreiben an die AWF lässt Kardinal Reinhard Marx ausrichten, dass «alle diözesanen Häuser EMAS-zertifiziert (wurden), die Katholische Akademie Bayern in München ist darüber hinaus biozertifiziert.» Die AWF kritisiert solche «Inselansichten». Tierexporte haben nur bedingt mit dem Konsum im Inland zu tun. «Die Züchter produzieren gezielt für das Ausland und die christlichen Festanlässe. Ohne diese Nachfrage zu Ostern und Weihnachten, würden die Zuchtzahlen sinken», ärgert sich Iris Baumgärtner. «Die Kirche ist zu leise. In seiner Enzyklika Laudatio Si (2018) ruft Papst Franziskus zu einem ‘Paradigmenwechsel in Bezug auf das Verhältnis von Mensch und Tier’ (auf). Diesem Aufruf fehlt die Wahrnehmbarkeit in der Öffentlichkeit»

Für die Diözese Eichstätt «ist es (keine) christliche Tradition an Ostern oder Weihnachten Lammfleisch zu essen». Es sei vielmehr «christlicher Brauch an Ostern, weiße Osterlämmer zu backen (…) In Gedenken an Jesus Christus und die Frohe Botschaft seiner Auferstehung werden zu Ostern also weiße Lämmer gebacken. Die Farbe steht dabei für die Unschuld.» Für die AWF ist es an der Zeit, dass auch die Landeskirchen aktiv und massiv darauf hinwirken, dass diese Qualtransporte für Tierbabys gestoppt werden «Die Kirche hätte die Macht, nicht nur in Deutschland, die Nachfrage nach Lämmern spürbar zu senken, indem sie den Irrglauben ihrer Gemeindemitglieder korrigiert, dass zum Osterfest Lammbraten auf den Tisch gehört», wünscht sich Iris Baumgärtner.
Gerne stellen wir Ihnen zur Verfügung:

  •  Vier-Jahres-Recherche / Dossier
  •  Mehrere Antwortschreiben der deutschen Kirchen
  •  Interviewpartner: Iris Baumgärtner, AWF-Projektleitung Nutztiere und Leiterin des Vor-Ort-Rechercheteams

Weitere Informationen, Bild- und Videoanfragen
Animal Welfare Foundation
presse@animal-welfare-foundation.org

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