Presseinformation: Baden-Württemberg stoppt Kälberexporte nach Spanien per Erlass
Animal Welfare Foundation nimmt Minister Peter Hauk in die Pflicht
Freiburg, 10.12.2020. Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) hat per Erlass angewiesen, Langstreckentransporte nicht abgesetzter Kälber nach Spanien nicht mehr abzufertigen. «Aufgrund neuer Erkenntnisse zum Ablauf der Kälbertransporte nach Spanien sind Zweifel aufgekommen, ob diese Transporte tierschutzgerecht durchgeführt werden können», schreibt Minister Hauk an die Veterinärämter. «Welche neuen Erkenntnisse das sein sollen, ist mir schleierhaft», so Iris Baumgärtner, Projektleitung Tiertransporte bei der Animal Welfare Foundation (AWF). «Seit Jahren legen wir Dokumente vor, die belegen, dass Kälbertransporte über lange Strecken nicht gesetzeskonform durchführbar sind. Seit Jahren fehlt den Veterinärämtern die politische Rückendeckung, um solche Transporte zu verhindern.» Andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen oder Bayern haben längst reagiert. «Es ist nicht zu verstehen, dass die grün-schwarze Landesregierung seit Jahren vor der Agrarlobby einknickt», ärgert sich Iris Baumgärtner.
Die Agrarlobby im Land ist stark. Allein die Kälberkontor Süd GmbH führt wöchentlich Kälbertransporte von Bad Waldsee nach Spanien durch. Dass Landwirtschaftsminister Peter Hauk gerade jetzt per Erlass auf ein lang bekanntes Problem reagiert, ist für Iris Baumgärtner nicht verwunderlich. «Zuletzt war der Minister politisch unter Druck geraten aufgrund der Skandale rund um die Schlachthöfe in Baden-Württemberg.»
In einem Schreiben vom März 2020 schreibt Minister Hauk an die AWF, von den Transporteuren die Zusicherung erhalten zu haben, dass die Kälber auf halber Strecke abgeladen und entsprechend ihrer Bedürfnisse mit Milch versorgt würden. Recherchen der AWF in den Folgemonaten belegen jedoch, dass die Kälber nun zwar in den Versorgungsstellen entladen werden, jedoch keine ausreichende Versorgung stattfindet. In einer Fernsehdokumentation des ZDF werden diese Rechercheergebnisse veröffentlicht. Gezeigt werden blökende Kälber im Hunger- und Durststress, die in ihrer Verzweiflung Stangen beißen und sich gegenseitig besaugen.
Iris Baumgärtner hat Zweifel an der Halt- und Wirksamkeit des Minister-Erlasses. „Der Druck auf die Höfe, ihre Tiere loszuwerden und der Exporteure, das Transportgeschäft durchzuführen, ist enorm hoch.“ So ist zu befürchten, dass Gerichte den Erlass kippen oder die Exporteure neue Wege gehen, um die Tiere weiterhin ins Ausland zu bringen. „Eine Möglichkeit sind dann zum Beispiel Umwegtransporte über Nachbarländer wie Belgien oder Frankreich, in denen die Kälber umgeladen und ohne Pause und Versorgung bis nach Spanien weitertransportiert werden“, weiß Iris Baumgärtner aus jahrelangen Transportkontrollen. „Die Exporteure sind findig und einige haben ausreichend Phantasie, um neue Transportmöglichkeiten zu kreieren, mit denen Sie die Vorschriften umfahren."
Die Animal Welfare Foundation fordert von der grün-schwarzen Landesregierung ein Verbot der Langstreckentransporte nicht abgesetzter Kälber und wirksame Maßnahmen gegen Umwegtransporte und Betrügereien. «Es müssen Lösungen für einen Verbleib der Kälber in der Region gefunden werden, um Langstreckentransporte wirksam zu verhindern», so Iris Baumgärtner.