Pferdefleisch aus dunklen Kanälen
Zürich/Frankfurt/Brüssel, 28.5.2018. Ein aktueller Bericht europäischer Tierschutzorganisationen zur Pferdefleischproduktion in Uruguay und Argentinien zeigt extreme Tierschutzverletzungen. Die Europäische Veterinärbehörde hat bereits 2016 für Uruguay Unregelmässigkeiten in den EU-zugelassenen Schlachthöfen festgestellt und die seit Jahren geäusserte Kritik der Tierschutzorganisation Animal Welfare Founda- tion (AWF) bestätigt. «In den EU-zugelassen Schlachthöfen in Argentinien und Uruguay werden Mindeststandards wie Nottötung schwer verletzter Pferde und Witterungsschutz nicht eingehalten. Zudem sind die Transportfahrzeuge Ursache häufiger Verletzungen», kritisiert Sabrina Gurtner, AWF-Projektleiterin Pferdefleischimporte. Mit der Internetseite «Respectful Life» (www.respectfullife.com) versuchen die europäischen Importeure das schwindende Image von Pferdefleisch aus Übersee aufzupolieren.
Die aktuellen Recherchen der Tierschutzorganisationen zeigt grausame Bilder aus den argentinischen Schlachthöfen Lamar und General Pico sowie aus den uruguayischen Schlachthöfen Clay und Sarel. «Alle vier Schlachthöfe sind für den Export in die EU. In allen haben wir auch aktuell wieder Belege dafür gefunden, dass Pferde systematisch gequält werden», so Sabrina Gurtner. Schwer verletzte Pferde bleiben Tage bis Wochen sich selbst überlassen. Der Umgang mit den Pferden, deren Versorgung mit Futter und Schutz vor extremen Witterungen widerspricht den Aussagen der Importeure. Die AWF-Recherchen von 2017 und Frühjahr 2018 belegen zudem massive Betrügereien bei der Herkunft der Pferde. «Wir konnten mehrfach filmen, wie Ohrmarken entfernt oder kurz vor der Schlachtung angebracht wurden. Die von den Importeuren garantierte Rückverfolgbarkeit ist in keinem der vier Schlachthöfe gegeben», kritisiert Sabrina Gurtner.
Laut Aussage der Importeure sollen Kameras in den Treibgängen der Schlachthöfe jederzeit eine Kontrolle der Vorgänge im Schlachthof ermöglichen. Auch eine Kontrolle der Ohrmarken. «Das einzige, was die Importeure über ihre Monitore sehen können, sind Ohrmarken. Ob diese illegal kurz vor der Schlachtung angebracht wurden, ist per Videoüberwachung im Schlachthof nicht kontrollierbar», weiss Sabrina Gurtner.
Die Rückverfolgbarkeit der Pferde ist Voraussetzung für sicheren Verbraucher- und Tierschutz. Zumal wegen Korruption ein Importverbot der EU gegen Pferdefleisch aus Brasilien besteht und im Süden von Brasilien die Pferdeseuche Rotz grassiert. «Bereits 2015 berichtete die Polizei von 2’000 aus Brasilien nach Uruguay geschmuggelten Pferden, die in den EU-zugelassenen Schlachthöfen gelandet sind. Und das sei nur die Spitze des Eisbergs», ergänzt Sabrina Gurtner.
Die europäischen Pferdefleischimporteure, angeführt von der belgischen FEBEV bis hin zum Schweizer Verband der Pferdefleischimporteure VPI, versuchen mit der Internetseite «www.respectfullife.com» bei den Konsumenten Vertrauen in Pferdefleisch aus Übersee zu erzeugen. «Vorgegeben wird, dass mit regelmässigen Audits Tierschutzstandards auf europäischem Niveau durchgesetzt werden können», kritisieren die Tierschutzorganisationen. In Kooperation mit der Universität Leuven haben die Pferdefleischimporteure einen Forschungsauftrag erarbeitet. «Die Studien werden vollständig unabhängig durchgeführt, um wissenschaftlich anerkannte Ergebnisse zu liefern», so die Aussage auf der Webseite. «Es ist reine Verbrauchertäuschung, denn die Forschungsberichte der Wissenschaftler haben nichts mit der Praxis vor Ort zu tun. Diese Kooperation der Uni Leuven mit den Importeuren des Pferdefleischs ist eine win-win-Kooperation für die beteiligten Partner. Die Uni Leuven bekommt Forschungsgeld, die Pferdefleischimporteure eine Marke- tingstrategie. Auf der Strecke bleibt der Tierschutz, wie sich seit Jahren zeigt», begründen die Tierschutzorganisationen ihre Forderung nach einem Importstopp für Pferdefleisch aus Uruguay und Argentinien. «Bereits 2015 hat die EU einen Importstopp für Pferdefleisch aus Mexiko verhängt, dort waren die Verhältnisse vergleichbar mit denen in Uruguay und Argentinien».
Für weitere Informationen, Footage und Fotos
Sabrina Gurtner, Projektleitung Pferdefleisch
T. +41 (0)44 482 04 92
M. presse@animal-welfare-foundation.org
Link zum Film «Pferdefleisch aus Südamerika: https://youtu.be/A6yCukrTx9Ewww.animal-welfare-foundation.org