18. März 2020

Corona-Pandemie und Tiertransporte

Vorschau Pressemitteilung, Seite 1/2

Tierexporte trotz Megastaus an den EU-Binnen- und Aussengrenzen

Animal Welfare Foundation fordert vom Bundeslandwirtschaftsministerium ein Transportmoratorium

Mehrere Tiertransporter mit Zuchtrindern aus Deutschland sind seit gestern auf
dem Weg in den slowenischen Hafen Koper. Auf der Strecke müssen die Transporter
mehrere EU-Ländergrenzen passieren. Im Hafen Koper sollen die Tiere auf
ein Schiff mit Bestimmungsland Eritrea verladen werden. Von dort wären die
Zuchttiere dann 14 Tage an Bord, bis sie den Zielhafen in Eritrea erreichen. «Afrika
hat aktuell die Einreisebestimmungen für Europäer verschärft. Ob die Tiere oder
die Besatzung in Eritrea das Schiff verlassen dürfen, weiss heute niemand», kritisiert
Iris Baumgärtner, Projektleiterin Tiertransporte bei der AWF. «Unklar ist
auch, ob der Transport bereits an einer der EU-Binnengrenzen hängen bleibt»,
ergänzt Iris Baumgärtner. «Seit Tagen beobachten wir die für Tiertransporte wichtigen
Grenzübergänge in der EU. Wir erhalten Informationen von offiziellen Stellen
und Informanten vor Ort. Viele berichten von kilometerlangen Staus, in denen
Tiertransporte feststecken».

Trotz restriktiver Massnahmen Im Personenverkehr hat die EU den Warenverkehr
nicht eingeschränkt. Typische Transitländer für Tierexporte wie Ungarn, Polen, Bulgarien
und Tschechien halten ihre Grenzen offen für Tiertransporte. Auch Kroatien
lässt Tiere ins Land. Kommen die Fahrer jedoch aus Risikogebieten, dürfen sie in
Kroatien nicht mehr einreisen. Da sich die Risikogebiete dynamisch entwickeln und
die EU-Mitgliedsländer stündlich die Grenzbestimmungen anpassen können, besteht
für Tiertransporte an den Grenzen jederzeit die Möglichkeit, festzustecken.
«Es ist nicht zu verantworten, dass heute noch in Deutschland grenzüberschreitende
Tiertransporte genehmigt werden im Glauben daran, dass die Grenzen entlang
der Routen passierbar sind. Was für tagelange Transporte als Planung bei den
Veterinärämtern eingereicht wird, kann bereits wenige Stunden später Makulatur
sein», kritisiert Iris Baumgärtner die Genehmigungspraxis in Deutschland und der EU.
Die Situation an den EU-Grenzen macht ein Moratorium von Lebendtiertransporten
zwingend notwendig, fordert die Animal Welfare Foundation. Die Staulänge an der
deutsch-polnischen Grenze betrug die letzten Tage bis zu 40 Kilometer. 

Eine ausreichende Versorgung der Menschen und Tiere ist kaum mehr möglich.
Teilweise fehlen notwendige Rettungsgassen. Und zwischen Deutschland und Polen
gibt es für die Grenzübergänge offensichtlich keine funktionierenden Verabredungen
zur Lösung der Abfertigungsprobleme. «Insofern ist die Empfehlung der EU
Kommission an die Mitgliedstaaten, sogenannte Korridore für den «Warenverkehr»
und für Lebendtiertransporte zu bilden, kaum umsetzbar», so Iris Baumgärtner.
Die Überprüfung der Fahrer der Tiertransporte verzögert zusätzlich die Wartezeit
an der Grenze. «Manche Fahrer berichten uns von stunden- bis tagelangen Wartezeiten
an der Grenze ohne die Möglichkeit, ihre Tiere angemessen versorgen zu
können. Auch an der Grenze zwischen Litauen und Polen stauen sich LKW auf einer
Strecke bis zu 40 Kilometern.

Recherchen der AWF belegen zudem, dass zwei Tiertransportschiffe auf dem Weg
in den slowenischen Hafen Koper (Schiffname: Barhom II) und in den kroatischen
Hafen Rasa (Schiffname: Karim Allah) sind. Dort sollen sie mit Tieren aus der EU
beladen und in Drittländer transportiert werden. Auch für diese Exporte gibt es
keine Sicherheit, ob sie am Zielhafen im Nahen Osten oder Afrika entladen werden
dürfen. «Dürfen die Tiere nicht abgeladen werden, bedeutet das eine Katastrophe
für die Tiere, denn eine Rückführung in die Europäische Union ist nicht möglich»,
befürchtet Iris Baumgärtner.

«Die Bundesregierung kann sich jetzt nicht hinter einer Zuständigkeit der EU-Kommission
verstecken oder auf fehlende tierseuchenrechtliche Beschränkungen berufen.
Bisher blendet sie die Realität an den Grenzen aus, obwohl sie gerade in Zeiten
des Corona-Notstands die Möglichkeit und Verantwortlichkeit hat, mit einem
Transportmoratorium unendliches Tierleid durch unkalkulierbare Transportzeiten
zu stoppen», begründet Iris Baumgärtner die Forderung der AWF nach einem Stopp
der Tierexporte in Zeiten der Corona Krise.

Auf EU-Ebene bereitet die Eurogroup for Animals einen Brief an die EU-Kommission
vor, in welchem viele europäische Tierschutzorganisationen fordern, sofort alle
grenzüberschreitenden Tiertransporte zu stoppen. Dieser Brief richtet sich auch an
Bundesministerin Julia Klöckner.

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