Phoenix III: Erneute Tiertransporttragödie auf See nach den Vorfällen mit den Schiffen Elbeik und Karim Allah
Zweiwöchiger Qualtransport von Portugal nach Israel – Tiertransportschiff steckt zwei Tage vor italienischer Küste fest, 14 Tiere sterben während des Transports. NGOs fordern den ANIT-Ausschuss des Europaparlaments auf, ein Verbot für Tiertransporte per Schiff zu fordern.
Beladen mit 1.200 Jungbullen und 5.644 Schafen, steuerte das Tiertransportschiff Phoenix III den israelischen Hafen Haifa an. Auf dem Weg dorthin sass das Schiff im Mittelmeer fest. Grund für den Stopp war vermutlich ein Sturm. Zwei gefährliche Tage und Nächte hielt das Schiff in der Nähe von Mazara del Vallo (Italien).
Die Behörden in Portugal wurden von PATAV (einer portugiesischen Bürgerbewegung) darüber informiert, dass das Schiff am 27. Oktober 2021 für 48 Stunden vor der Küste festlag.
Die Phoenix III verliess den portugiesischen Hafen Sines am 22. Oktober. Inklusive des Notstopps am 27. Oktobererreichte sie den Zielhafen am 4. November in Israel.
Eine Koalition internationaler Tierschutzorganisationen, die den Transport verfolgten und die Tiere nach der Entladung im Hafen Haifa filmten, informierten den ANIT-Ausschuss des Europäischen Parlaments über den Vorfall. Dieser befasst sich derzeit mit einer Untersuchung von Tiertransporten auf See. Die Koalition der NGOs fordern den Ausschuss auf, eine Resolution zum Verbot des Transports lebender Tiere auf dem Seeweg zu verabschieden.
Das Videomaterial zeigt zusammengepferchte, übereinanderliegende und erschöpfte Tiere in massiv überladenen Lkws. Es zeigt mit Exkrementen verdreckte Tiere und solche mit gebrochenen Hörnern. Einige Tiere zeigen zudem Hitzestresssymptome. Die Tiere wurden nach der Entladung vom Schiff sofort weiter auf Lkws verladen und zu Quarantänestallungen nach Mehola transportiert, 90 km entfernt von Haifa. Dort bleiben sie für acht Tage, bevor sie erneut verladen und für 4-8 Monate auf verschiedene Mastbetriebe verteilt werden.
Wie auch die Tierschutztragödien Karim Allah und Elbeik Anfang 2021, zeigt dieser Fall erneut, wie gefährlich Tiertransporte per Schiff sind. Dieses Mal wurden 14 Tiere tot gemeldet. Hätte sich der Transport weiter verzögert, wäre mit einer weiteren Tragödie zu rechnen gewesen.
Die NGOs verweisen in ihrem Schreiben an den ANIT-Ausschuss auf die Bedeutung von Notfallplänen sowie die Notwendigkeit der Behörden und Transportorganisatoren, bei der Genehmigung eines Transports die Wettervorhersagen zu berücksichtigen. Das Fehlen geeigneter Notfallpläne und nicht berücksichtigte Wettervorhersagen können fatale Auswirkungen auf den Tierschutz haben. Die Phoenix III ist ein 43 Jahre altes Tiertransportschiff. 2011 wurde das ehemalige Kühlschiff im schrottreifen Alter von 33 Jahren zum Tiertransporter umgebaut. Die meisten Tiertransportschiffe in der EU weisen ähnliche Alter- und Umbauten auf. Seit 2017 stehen Tiertransportschiffe weltweit auf Platz Nr. 1 bei der Verhängung von Auslaufverboten und werden in der Risikoeinschätzung des Pariser MoU als Hochrisikotransporte eingestuft.
Laut einer 2021 veröffentlichten Studie, weisen 36 % der von der EU zugelassenen Tiertransportschiffe schwere Zwischen- oder Ausfälle auf.
Zusätzliche bestehen Bedenken bezüglich der Zulassung der Phoenix III: Nach Angaben des nationalen rumänischen Veterinäramts transportierte die Phoenix III von April bis August 2021 lebende Tiere ohne Genehmigung. Die EU-Kommission hatte hierüber keine Kenntnis und reagierte in der Folge auch nicht. Am 10. April 2021 lief die EU-weite und in Rumänien ausgestellte Genehmigung der Phoenix III aus. Erst am 18. August 2021 wurde das Schiff erneut von Kroatien für den Export lebender EU-Tiere zugelassen. Laut der maritimen Navigationsplattform Vesseltracker.com befand sich die Phoenix III am 18. August 2021 in der Ukraine in Illichivsk. Dort hielt sie sich vom 16. bis zum 28. August auf. Trotz fehlender Zulassung wurden mit der Phoenix III in der Zeit vom 10. April bis zum 18. August ff acht Lebendexporte nach Israel durchgeführt. Geladen waren Tiere aus Kroatien, Portugal und Rumänien.
Über den konkreten Anlass des 48-Stunden-Stopps vor der italienischen Küste, zeigt der Fall Phoenix III erneut, dass Tierschutzprobleme bei Seetransporten und den Folgetransporten in die Zielländer unerkannt bleiben.
Die vielen Tragödien, die sich bei Schifftransporten in der Vergangenheit ereignet haben (die Suez-Kanal Blockade, die Irrfahrten der Karim Allah und Elbeik und das Kentern der Queen Hind, und viele weitere) zeigen, dass der Tierschutz bei Transporten auf dem Seeweg aus vielen Gründen nicht eingehalten werden kann: Schlechte Wetterbedingungen und technische Ausfälle können zu tödlichen Transportverzögerungen führen. Die meisten Häfen sind nicht in der Lage, die Tiere in Notfällen zu aufzunehmen. Die Bedingungen auf dem Meer können sich plötzlich verschlechtern, ohne dass für Besatzung und Tiere Flucht- und Rettungsmöglichkeiten bestehen. Beide werden somit großen Gefahren ausgesetzt. Angesichts der umfassenden Recherchearbeit, die das ANIT-Komitee zu Tierexporten per Schiff geleistet hat, fordern die NGOs den Ausschuss jetzt auf, den Ausstieg aus dem aussereuropäischen Transportgeschäft auf dem Seeweg zu unterstützen und strengere Regeln für innereuropäische Tierexporte per Schiff zu fordern.